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Satan: Gefangen in der Unterwelt

In John Miltons „Das verlorene Paradies“ (1667) nimmt Satan eine zentrale und komplexe Rolle ein. Er ist zunächst der Anführer der rebellischen Engel, die sich gegen Gott auflehnen. Nach seiner Niederlage und dem Sturz in die Hölle entwickelt Satan sich zu einer tragischen Figur, die für ihre Freiheit kämpft, aber zugleich tief von Hochmut und Rachegedanken getrieben wird. Sein berühmtes Zitat „Es ist besser, in der Hölle zu herrschen als im Himmel zu dienen“ hat auch heute noch politische Aktualität, zeigt seine trotzige Entschlossenheit, obwohl er das Leid und die Verzweiflung seiner Entscheidung spürt.

Milton zeichnet Satan als charismatische, fast heldenhafte Figur, die gegen die allmächtige Autorität Gottes rebelliert. Seine Rolle entwickelt sich von einem epischen Anführer zu einer Personifizierung des Bösen, die durch List und Täuschung das menschliche Paar (Adam und Eva) zur Sünde verführt. Satans Charakter hat tragische Züge, da er selbst erkennt, dass er nach seinem Fall nie wieder die Nähe Gottes erfahren kann, aber unfähig ist, seine Natur zu ändern.

In Dantes „Die göttliche Komödie“ (Divina Commedia, 1320) spielt Satan eine ganz andere Rolle. Er ist am tiefsten Punkt der Hölle, im neunten Kreis, gefangen. Dante beschreibt Satan nicht als aktiven, charismatischen Rebellen, sondern als eine groteske und gefallene Gestalt, die selbst gefangen und hilflos ist. In der „Göttlichen Komödie“ ist Satan eingefroren und kann sich nicht befreien; er ist ein Symbol der völligen Entfernung von Gott, der Ohnmacht und der Strafe. Statt eines aktiven Verführers oder Anführers ist er hier ein passiver Repräsentant des ultimativen Scheiterns.

Vergleich:

  1. Aktivität vs. Passivität: In Miltons Werk ist Satan aktiv und zentraler Motor der Handlung, während er bei Dante eher passiv und hilflos ist.
  2. Charakterentwicklung: Milton verleiht Satan eine komplexe, fast tragische Persönlichkeit, die zwischen Heldentum und Bösem schwankt. Dantes Satan hingegen ist eine statische Figur, ein Sinnbild der Bestrafung.
  3. Symbolik: In „Das verlorene Paradies“ steht Satan für Rebellion, Freiheitsdrang und den tragischen Sturz durch den eigenen Stolz. In der „Göttlichen Komödie“ ist Satan ein Symbol für die absolute Entfernung von göttlicher Gnade und die Konsequenzen der Sünde.
  4. Philosophische und theologische Implikationen: Während Miltons Satan eine tiefere Reflexion über Freiheit, Sünde und Reue anstößt, liegt Dantes Fokus stärker auf moralischer Gerechtigkeit und den ewigen Konsequenzen der Sünde.

Beide Werke bieten unterschiedliche Sichtweisen auf Satan, wobei Milton ihn als vielschichtiger darstellt und Dante ihn als endgültig gefallene und gefesselte Figur sieht.

Bleistift, Farbstift, Aquarell
Dvz. 1764
Format: 250 x 175 mm
18.09.2024