Das Hörspiel Krieg der Welten, 1938 (n. H.G. Wells), in dem von einer Invasion Außerirdischer erzählt und welches so real im Radio übertragen wurde, sodass es sogar zu einer landesweiten Hysterie und Panik kam, machte dessen Autor Orson Welles schlagartig in Hollywood hoffähig.
Sein erster abendfüllender Kinofilm Citizen Kane, von 1942, schrieb dann auch somit gleich nachhaltige Kinogeschichte, und dies im mehrfacher Hinsicht. Zum einen gilt dieses Epos, rund um den bizarren Medienmogul Charles Foster Kane, hinsichtlich Kamera- und Lichtführung, als wichtigste Inspiration für die aufkommende Generation des Film Noirs, zum anderen auch als Vorbild dafür, mit inhaltlich, mit zeitlich versetzten persönlichen Erzählungen der jeweiligen Protagonisten und damit verbundenen filmischen Rückblenden eine ansonsten stringente Erzählung zu relativeren. Bis heute, also gut 80 Jahre!!! nach Erscheinen dieses ersten Orson Welles Filmes, wird Citizen Kane immer mal wieder in der Kino Fachwelt als der wichtigste Beitrag zur Filmgeschichte überhaupt zitiert!
Ich habe diesen Film natürlich schon mehrfach gesehen, weiß ihn für mich zu „lesen“, versuche mich ins ansonsten staubige Kinojahr 1942 zurückzuversetzen und erinnere mich auch noch gut daran, was es mit Rosebude auf sich hat (ebenso wie ein Columbo in einer seiner besseren Folgen und Fälle), möchte aber mal so behaupten, dass die jungen Star Wars oder Mortal Combat Kinogänger von heute, mit den ursprünglichen Titanen und Wegbereitern des Kinos von einst nur noch wenig am Hut haben – und im Grunde auch nicht haben müssen. Denn noch so bedeutsames gerät irgendwann dann doch in Vergessenheit.
Natürlich kann, darf und sollte man Orson Welles nicht alleine auf seinen einen legendären Film Citizen Kane reduzieren. Welles führte auch bei vielen weiteren Filmen Regie (z.B. Kafka, Der Prozess), war ein überaus gefeierter Shakespeare Darsteller (z.B. als Othello) und trat auch in unzähligen Filmen als Schauspieler selber auf. In Der dritte Mann, als krimineller Medikamenten Schieber, nur kurz im Schatten Wiens zu erahnen, ist vermutlich mit das bekannteste Beispiel aus noch früheren Zeiten. Später dann, auf Grund seiner stetig zunehmenden Leibesfülle, war er stets als alternder, immer grollender, fast fanatischer Patriachat, in zahlreichen großen Filmen so gut wie immer fest gebucht.
Im bis heute zu Recht umstrittenen Film Der Zwang zum Bösen (Compulsion, 1959), wechselte Welles mit all seiner körperlichen Wucht und Sprachgewalt auf die Seite hin zum Guten, übernahm in einem Gerichtsprozess die Verteidigung zweier, äußerst privilegierter Jugendlicher, die rein aus Lust, aus purer Langeweile gemordet hatten, objektiv schuldig und sich auch wenig einsichtig zeigten. Beide auf der der Anklagebank sitzenden jungen Männer rechtfertigten, verstanden ihren mehrfachen Mord an niederen Studenten als ein Stellungsbedingtes, ja, intellektuelles Vorrecht.
Hier erinnert man sich gerne auch an Hitchcocks Film Cocktail für eine Leiche (The Rope, 1948), in dem ebenfalls von jungen Studenten ein ähnliches Verbrechen verübt wurde. Auch hier, rein um ihr vermeintlich überlegendes Intellekt zu beweisen, in dem man auch noch, in völliger Überschätzung ihrer Selbst, eine Dinnerparty, rund um den Sarg des ermordeten Studenten gab.
Das Orson Welles aber diese eine Gerichtsverhandlung nun im Film für ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Todesstrafe nutzen wollte, darf man hier wohl als mehr als geplant unpassend, ja als gewollt misslungen empfinden. Denn wenn selbst man diese Art von Bestrafung, die Todesstrafe, wie auch ich, generell ablehnt, ersehnt man sich geradezu eine allzu passende Abstrafung herbei, da sich beide jugendlichen Mörder ja geradezu in ihrem Verdienst des Tötens suhlen und voller Arroganz, auf das Kommende, mit äußerster Gleichgültigkeit entgegen sehen.
Es fällt hier somit mehr als schwer, der Anklagevertretung nicht zu folgen, denn Mitleid, noch Verständnis für die Angeklagten, kann die Verteidigung kaum glaubhaft machen, will es vielleicht auch nicht. War es so von Welles gewollt?
Ganz sicher sogar …