Über das Dritte Reich und deren schier unmenschlicher Politik, im Inneren, sowie in ihrem expansiven Größenwahn, wurde schon so viel geschrieben und dokumentiert, sodass die nachfolgenden, insbesondere die heutige Generation, angesichts dieser Fülle an beschämenden Fakten zum „Dritten Reich“, entnervt, ja schon fast überfüttert wirkend abwinkt.
Was bewegt, und immer noch nachwirkt bis heute – sind somit nicht die zahlreichen Dokumentationen der Historiker, sondern, wenn überhaupt noch, die ganz persönlichen Erzählungen der damals wirklich Betroffenen. Nur diese machen wirklich deutlich, was Menschen durchmachen, in schier unfassbaren Ausmaßen erleiden mussten, nur um zu überleben. Aber eben gerade diese authentischen Erzählungen, diese ganz persönlichen Erinnerungen, werden natürlich immer weniger greifbarer, da diese Generation, so nach und nach, eben auch auf ganz natürliche Weise ihre verdiente Ruhe findet, diese Geschichten, von jenen, wenn denn überhaupt mal erzählt, bzw. aufgeschrieben, so langsam in Vergessenheit geraten zu scheinen.
Solch bewegende Geschichten, wie diese, gäbe es vermutlich, in ähnlicher Form, wohl millionenfach. Doch kaum wer hat diese nieder geschrieben, oder können.
Im Grunde ist diese Erzählung „nur“ eine Liebesgeschichte. Es ist die Geschichte zweier Menschen, die sich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ineinander verliebten. Es sind die Eltern der Autorin. Nach endlos langen Jahren, erst nach dem Tod ihres Vaters, von der Mutter nur halbherzig offengelegt, wird ihr, der Tochter, das ganze Ausmaß dieser Familientragödie erst wirklich bewusst. Nie wurde zuvor darüber gesprochen. Nun dieses Buch, eine Herzensangelegenheit.
Norwegen ist von der deutschen Wehrmacht überrannt worden. Für Hitler ist diese Okkupation, weit im Norden Europas, im Grunde nur eine Randerscheinung im alltäglichen Kriegsgeschehen, nicht mehr als eine rationale Notwendigkeit, um die Wege der Erzlieferungen aus Schweden, ins Reich, gegenüber den Alliierten, vor allem vor England, zu sichern.
Eine 19 jährige Norwegerin verliebt sich in einen deutschen Soldaten und dies in einer Zeit, in der die deutsche Wehrmacht Norwegen im totalen Würgegriff, ganze Dörfer nieder gebrannt, Oppositionelle verhaftet und auch noch die wenigen norwegischen Juden deportiert hatte. Norwegische Frauen, die sich, zu dieser Zeit, mit einem Deutschen eingelassen haben, scheinen auf ewig stigmatisiert, wie auch anderswo, nach dem Krieg, wie auch in Holland, Belgien und Frankreich.
Doch Ihr Liebster ist alles andere als ein Nazi, noch nicht einmal ein waschechter deutscher Soldat. Er ist ein Halbjude, der seine Identität hinter seiner Wehrmachtsuniform zu verstecken gedachte; seine Eltern allerdings somit auch, im bergischen Wuppertal, der vollen Brutalität der Gestapo hilflos ausgesetzt sind. Sie alleine weiß, dass ihre große Liebe im Grunde selbst ein Verfolgter ist, seine jüdische Mutter dann doch noch gegen Ende des Krieges in Richtung Theresienstadt deportiert wurde – doch sie hält sich an seine eindringliche Bitte: Erzähle es niemandem! -auch ihren Eltern und Geschwistern nicht.
Diese 19jährige junge Frau nimmt nach dem Ende des Krieges eine unglaubliche Odyssee auf sich, nimmt den möglichen, endgültigen Bruch mit ihren eigenen Eltern und ihrer Heimat Norwegen in Kauf, um ihren deutschen Soldaten, den Halbjuden, im völlig zerbombten Deutschland, dann doch noch zu heiraten. Eine schöne Geschichte mit einem halbwegs versöhnlichen Ausgang, obwohl das schwere Erbe dieses unsinnigen Krieges, wie ein Schatten, über Jahrzehnte, über dieser Ehe schwebte.
Besonders schön liest sich diese unglaubliche Erzählung vor allem immer dann, wenn die Autorin in Prosaform die Geschichte ihrer Mutter und Ihrer Vaters erzählt.
Man will da schon rein zwangsläufig rein gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Dennoch werden dieses Passagen immer wieder unterbrochen, durch diverse authentische Wehrmachtsberichte, den damaligen Verordnungen der Besatzer in Sachen Norwegen, wie auch durch die unzähligen Briefe zwischen den beiden Liebenden, welche wie ein Wunder, diese unsägliche Zeit, wie auch immer, überstanden haben, die dann aber eben in einer deutlichen kleineren Schrift, dann auch noch kursiv gesetzt, den eigentlichen Lesefluss immer wieder zum stocken bringen.
Aber natürlich sind diese zahlreichen Zeitdokumente, insbesondere die Briefe der Eltern der Autorin, für diese Erzählung unabdingbar, ja auch Grundstock für dieses Buch an sich.
Fazit: Diese Liebes- und Familiengeschichte ist so unglaublich dicht und so liebevoll nachrecherchiert, da verbietet sich im Grunde jederlei Kritik.