Die Göttin Athene zählt zu den bedeutendsten und einflussreichsten Erscheinungen der griechischen Mythologie überhaupt. Ihr Schaffen und Wirken war so ungewöhnlich wie ihre Geburt selber. Heute erinnert vor allem der Name der griechischen Hauptstadt Athen, dem einstigen Attika, immer noch ehrfurchtsvoll an Ihre einstige Schutzgöttin. Diese Huldigung, um die Gunst jener großen Stadt, gewann sie einst im Wettstreit mit ihrem Onkel Poseidon, dem mächtigen Gott des Meeres und Bruder des Zeus, als es darum ging, dass jede Stadt Griechenlands sich einen Gott des Olymps zu ihrer persönlichen Schutzmacht erwählen durften. Doch Athene und auch Poseidon erbaten beide die Gunst von Attika. Es kommt zum heftigen Streit zwischen den beiden. Es muss eine Lösung her.
Zeus fragt nun den König der Stadt Kekrops um seine Meinung, denn dieser ist im Olymp hoch angesehen und sein Wort hat Gewicht. Er gilt als weise und besonnen, er schuf die Menschenopfer ab, er führte eine unabhängige Gerichtsbarkeit ein und bescherte den Menschen das Wahlrecht – den Männern und den Frauen. Er schlägt nun jenen Wettstreit vor, in denen die beiden Götter den Menschen Attikas ein Angebot unterbreiten sollen, warum nun ausgerechnet sie es wert wären, dort vor Ort, durch die Errichtung von Tempeln und Ausbildung von entsprechenden Priestern, gehuldigt und verehrt zu werden. Zeus greift den Vorschlag des Kekrops gerne auf. Und so bietet Poseidon Attika Sport und Spiele, im Grunde reichlich Freizeitangebote an, während Athene einen immer während blühenden Olivenbaum pflanzt und der Stadt somit einen Teil der Grundversorgung an Nahrung auf ewig sichern will. Die Menschen der Antike erscheinen im heutigen Licht somit deutlich klüger, als jene von heute. Denn sie wählen unter den wachsamen Augen der Göttin Themis, der Göttin der Gerechtigkeit, Athenes Angebot.
Doch Athene war im Olymp alles andere als gewollt – ihre Geburt so nicht geplant. Als Metis, die erste Frau des großen, allmächtigen Zeus schwanger wurde, insistierten Gaia, die Mutter Erde, und Uranos, der Himmel, die Großeltern des Olymps – wenn man so will – und sagten ihm voraus, dass Metis einen Jungen und ein Mädchen gebären würde. Und dieser Junge würde, ihm dem Zeus, das gleiche Schicksal bescheren wie einst Kronos dem Uranos, und dann Zeus selber wiederum seinem Vater, dem Kronos – also vom Thron der Götterwelten stürzen. Da Zeus nun nicht jene Greul begehen wollte wie sein eigener Vater zuvor, nicht gedachte bereits geborene Kinder zu verspeisen, kam er auf die sinnreiche Idee, dass es besser wäre gleich die schwangere Mutter zu beseitigen. Doch wie?
Da die Götter des Olymps dafür bekannt sind, sich in alles zu verwandeln zu können, wonach ihnen so ist, schlägt Zeus seiner Frau Metis vor ihm doch ihre Künste in dieser Hinsicht mal vorzuführen. Und immer wenn sie sich neu verwandelt, zeigt er sich sichtlich beindruckt, aber immer weiter anstachelnd, ob es nicht noch eine Verwandlungsform kleiner ginge. Als Metis sich nun am Ende von einer Fliege in einen Wassertropfen verwandelt, schlägt Zeus zu und verschluckt diesen ganz einfach. Damit schien das Problem gelöst.
Doch selbst Zeus verschluckt nicht ohne jede Folgen mal ganz einfach so eine Göttin. Denn er bekommt daraufhin so starke, schier unerträgliche Kopfschmerzen, dass er den ganzen Olymp, all die Götter dort um Hilfe bittet. Aber nur sein Sohn Hephaistos hat den Mut, mit seinem Schmiedehammer, ein Loch in den Schädel seines Vaters zu schlagen um entweichen zu lassen, was anscheinend mit Vehemenz in die Welt zu drängen versucht, unbedingt geboren werden will. Und aus dem Loch im Schädel des Zeus entsteigt Athene, eine junge, schöne Frau, schlank und hochgewachsen, mit Helm, Schild und einem Speer bewaffnet – eine neue Kriegsgöttin, so ganz anders als andere Götter je zuvor, die allesamt nur von Neid und Leidenschaften getrieben sind. Athene dagegen wird allein der Vernunft und Weisheit dienen, im Menetekel Krieg stets, im Gegensatz zu ihrem Bruder Ares, der diesen als solchen liebt, nur als einen stets zu vermeidenden Weg, die Suche nach Frieden und Ausgleich sehen. Athene erwächst auch zur Schutzgöttin der Kunst und des Handwerkes heran, wird zur absoluten Lieblingstochter des Zeus, der ihr im Grunde alles verzeihen würde, wenn es denn was gäbe, was ihr zu verzeihen gewesen wäre ….
Die in Athener umbenannten Einwohner Attikas erschaffen ihr zu Ehren das Parthenon auf der einstigen Akropolis, eines der größten Heiligtümer der Antike.