Ein jeder kennt auch heute noch die typische deutsche Redewendung „Über den Tellerrand schauen„, „über den Tellerrand hinausschauen“ oder „über den Tellerrand hinausblicken„, welche die positive Eigenschaft des Menschen beschreibt, die Welt jenseits seines eigenen, kleinen Umfeldes, mit Neugier und Offenheit zu begegnen. Anders als viele andere deutsche Redewendungen, meist mittelalterlichen Ursprungs, ist diese Tellerrand Redewendung recht neueren Datums und wurde erstmals als Metapher 1953 von dem Schriftsteller Arno Scholz in seinem Buch Berlin im Würgegriff verwendet: „So ist es auch jetzt wieder; ein großer Teil der Deutschen sieht wiederum nur bis zum eigenen Tellerrand.“
1972 griff Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller, in seinem Kündigungsscheiben an Willy Brandt, jene Redewendung erneut auf: „Die Regierung hat die Pflicht, über den Tellerrand des Wahltermins hinauszublicken und dem Volke rechtzeitig zu sagen, was zu leisten und was zu fordern ist.“
Redewendungen, welche sich ansonsten, erst durch mehrere Generationen getragen, zu einer allgemein gültigen Metapher entwickeln konnten – diese ansonsten übliche Entwicklungsphase scheint an dem Tellerrand irgendwie gänzlich vorüber geflogen zu sein. Das nun hier, im Folgenden, der Eulenspiegel mit jenem Tellerrand im Einklang spielt, ist natürlich kein Zufall. Denn er ist eben jene historische, literarische Figur, welche allzu gerne Redewendungen ad absurdum führt, in dem er diese, ganz zum Entsetzen seiner Mitbürger, in die Praxis umsetzt. Dazu vielleicht später mehr …