Aphrodite hat im Grunde weder Vater noch Mutter, denn sie wurde aus dem Blut und Samen des von Kronos abgeschnittenen und ins Meer geworfenen Gliedes seines Vaters Uranos, des Himmels, geboren. Aus dieser Mischung, dem Blut, dem Samen des Uranos, und dem Salz und der Gischt des Meeres, erhob sie sich in ihrer ganzen jungfräulichen Schönheit aus den Wellen, bis sie an die Küste des heutigen Zypern gespült wurde. Daher wird sie auch „die Schaumgeborene“ genannt. Aphrodite wurde von den Horen – einer Gruppe junger Göttinnen, Töchter des Zeus und der Themis – gefunden, versorgt und über Jahrzehnte oder sogar Jahrtausende gepflegt. Man kann also davon ausgehen, dass ihre Geburt nicht schnell, schon gar nicht in neun Monaten, stattfand, sondern sich über mehrere Zeitalter hinzog, bis Zeus die Herrschaft über das Universum an sich riss, indem er alle Kriege gegen seinen Vater Kronos gewann. Bekannt ist Aphrodite vor allem durch das Gemälde „Die Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli, das in den Uffizien in Florenz ausgestellt ist. „Venus“ ist der römische Name der Aphrodite, ein Name, der ebenso für Schönheit, wie auch für die Verführung steht.
Zeus, ebenfalls von ihrer jungfräulichen Schönheit beeindruckt und wohlwissend, dass sie eigentlich das Kind seines Großvaters Uranos ist, berief sie ohne Rücksprache mit seinem Geschwistern in den Kreis der olympischen Götter und erklärte sie zur Göttin der Schönheit – der weiblichen Schönheit. Diese Entscheidung war mehr als riskant und provokant, denn sie säte Eifersucht in die Herzen der bisherigen Göttinnen, allen voran Hera, seiner Schwester und Gemahlin, sowie seiner Lieblingstochter Athene. Hera und Athene blieben für immer mit Aphrodite verfeindet.
Aphrodite, von der es heißt, dass jeder Mann – ob Mensch oder Gott – der sie erblickte, von einer unstillbaren sexuellen Begierde nach ihr befallen würde, hatte keinen leichten Start auf dem Olymp. Ihr begehrlicher Blick fiel sofort auf Ares, den Gott des Krieges, der sich nach Tod und Blut sehnt. Auch Eros, der hübsche Liebesgott, fand schnell ihre Gunst. Doch Zeus verheiratete sie, zu ihrem Unwillen und zur Überraschung aller, mit Hephaistos, dem Gott der Schmiede, der als lahm und unattraktiv galt. Trotzdem verbrachte sie jede Nacht mit Ares und zeugte mit ihm vier Kinder. Als der Betrug ans Licht kam, stellte Hephaistos seine Frau und Ares beim Liebesakt bloß, sehr zur Belustigung der übrigen Götter.
Aber die schönste aller Göttinnen hatte noch weitere dunkle Seiten. Aus Eifersucht, weil sich ihr geliebter Eros in die Sterbliche Psyche verliebte, wollte sie diese nicht nur verschmähen, sondern am liebsten auch umbringen. Doch auch dieser perfide Plan schlug fehl. Schließlich stiftete sie sogar den Trojanischen Krieg an, in dem unzählige Männer, Frauen und Kinder, Griechen und Trojaner starben – alles nur im Namen der Schönheit und der Liebe. Aber das ist wie immer eine andere Geschichte.
Bleistift, Farbstift, Aquarell
Dvz. 1767
Format: 250 x 175 mm
04.10.2024