Zeitgenössische Skizzen und Gemälde zeichnen ein nur wenig schmeichelhaftes Bild eines erst gerade einmal vierunddreißigjährigen Mannes: Übergewichtig, die Augen verquollen und das Gesicht, von zu viel Genuss von allem was Spaß und betrunken macht, sichtbar aufgedunsen. Im Grunde war Danton, was seinen lebenslustigen, teils ausschweifenden Lebensstil anging, das genaue Gegenteil seines einstigen Freundes, seines politischen Weg Begleiters und späterem Gegner, dem fast asketisch, gänzlich einfach, in einer schlichten Dachkammer hausenden Robespierre, welcher sich auch schon früh den Spitznamen „Der Unbestechliche“ verdiente. Denn auch in der Frage der außergewöhnlichen Zuwendungen nahm es Danton, als erster Justizminister der neuen Republik, nicht immer so genau, denn er ließ sich gerne auch bestechen, z.B. von Ausreisewilligen Adeligen und Priestern, die um ihr Leben fürchteten. Aber er bediente sich auch hier und da an der Kriegsbeute französischer Truppen. Alle wussten, ahnten es, doch beweisen konnte es ihm nie jemand. In einem angeblichen Vieraugen Gespräch mit Robespierre, als dieser ihm all seine möglichen Verfehlungen vorhielt, antwortete Danton ihm gelassen: „Wie kann ich einem Mann vertrauen der nichts will, außer als stets das Richtige für uns alle. Männer wie Du, die rein gar nichts für sich wollen, sind deutlich gefährlicher als ich“. Damit sollte er wohl Recht behalten.
So wenig ansprechend wohl Dantons Äußeres gewesen sein mag, umso einnehmender war ganz sicher sein stets charmantes Auftreten und Wesen, seine bejahende Lebenslust, die große Leidenschaft die in allen seinen vorgetragenen Argumenten stets spürbar war, seine faszinierende Redegewandtheit mit er die Massen begeisterte, sowie seine große Eloquenz stets intelligent auf selbst unangenehmste Fragen eine passende Antwort aus dem steggreif hervorzaubern zu können. Als 1792, unter seiner Regentschaft als Justizminister, der Pöbel von Paris die Gefängnisse erstürmte, gut 1200 angebliche Gegner der Revolution brutal lynchte und das Morden anschließend in den Straßen der umliegenden Viertel bis weit in die Nacht noch seinen unheilvollen Gang nahm, beschwerte sich selbst sein Freund Desmoulin bei Danton über diese nicht tragbaren Umstände und über seine völlige Untätigkeit hinsichtlich dieser Gräueltaten. Und wie immer gab Danton die passende Antwort hierauf (wenn auch vermutlich nur angedichtet, aber überaus passend): „Soll ich als Minister Befehle erteilen die ignoriert werden? Du forderst die Entsendung von Truppen. Die laufen über und feiern das Schlachtfest selber mit … Ein weiser Mann erkennt wenn er machtlos ist und hängt es nicht an die große Glocke, nicht wenn er erwartet, dass man je wieder auf ihn hört. Und das tue ich!“
Doch selbst die größten und intelligentesten Geister, so auch Danton, unterliegen zu weil, unter dem allzu schmeichelnden Eindruck ihrer vermeintlichen allgemeinen Beliebtheit, einer fatalen Fehleinschätzung ihrer eigentlichen Macht. „Kein Mann, der nur einen Tag am Fluss mit Angeln zubrachte, ist so dumm jemals wieder in die Politik zu gehen.“, so verabschiedet er sich vorerst aus den alltäglichen Wirren der Französischen Revolution, um für kurze Zeit aufs Land zu ziehen, um dann doch wieder zurückkehren, vermutlich getrieben von reiner Eitelkeit, um sich offen gegen die Willkür der Terrorherrschaft Robespierres und seinem Revolutionsausschuss zu stellen. Er plädiert öffentlich im Konvent für Mäßigung und Vergebung. Er fühlt sich sicher angesichts seiner großen Popularität innerhalb der Pariser Bevölkerung, die ihn bei seiner Rückkehr frenetisch feiern. Für den Unbestechlichen eine Provokation sondergleichen. Denn Robespierre weiß wie gefährlich ihm Danton nun werden könnte, aber ihn nun wegen gegenrevolutionärer Umtriebe vor den Revolutionsausschuss zu zerren, ein noch heikleres Unterfangen – und dennoch wagt er es, wohlwissend, dass dies Danton als Bühne für sich und gegen ihn selber nützen könnte. Und so kommt es auch. Danton redet und redet, voller Polemik und witziger Bonmots, er hat wie immer die Massen hinter sich. Um allerdings dies zu unterwandern greift Robespierre und sein Ausschuss zu Mitteln, die selbst den Idealen der Revolution zuwider sind: Die Richter werden unter Druck gesetzt, die Geschworenen sind handverlesen und die vorgelegten Beweise gefälscht, weil im Grunde keiner der vorgebrachten Vorwürfe gegen Danton wirklich nachweisbar gewesen wären. Und am zweiten Tag des Prozesses, wird dem allzu Redegewandtem Redeverbot vor Gericht erteilt und zugleich das Todesurteil für Georges Danton verkündet, rechtskräftig und noch am gleichen Tag vollstreckt. Und als Danton am 5ten April 1794 vor dem Henker vor Paris steht soll er ihm angeblich gesagt haben: „Vergiss vor allem nicht, dem Volk meinen Kopf zu zeigen; er ist gut anzusehen.“
Robespierre selber, der seinen einstigen Freund Danton, sowie andere politische Weg Begleiter hinrichten ließ, stand nur wenige Monate später an gleicher Stelle. Denn auch er erlag am Ende seiner eigenen Selbstüberschätzung. Denn seine Maxime „Ohne Tugend sei Terror verhängnisvoll, ohne Terror die Tugend machtlos“, die Danton zu Recht als „blutleere Abstraktion“ bezeichnete, wendete sich nun gegen Verfasser selbst.
Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5299
Format: 700 x 500 mm
April 2022
Besonders beeindruckend bleibt ein Auszug aus Dantons Verteidigungsrede vor dem Revolutionsgericht, welches die Notwendigkeit und Wesen der Französischen Revolution mehr als nachhaltig auf den Punkt bringt:
„Wir haben ein Ende gemacht mit der Tyrannei der Privilegien. Wir haben ein Ende gemacht mit den uralten Übeln, jenen Herrschaftsrechten und Gewalten, auf die kein Mensch ein Anrecht hatte. Wir haben ein Ende gemacht mit dem Alleinanspruch von Reichtum und Geburt auf alle entscheidenden Ämter unseres Staates, unserer Kirchen, unserer Armee. Gereinigt haben wir jede Arterie und jede Vene dieses großartigen politischen Körpers des Staates Frankreich. Wir haben erklärt, dass der einfachste Mann gleich ist mit dem Größten im Land. Wir haben uns die Freiheit genommen und gaben sie unseren Sklaven. Wir überlassen es der Welt, aufzubauen auf der Hoffnung, die wir geboren haben. Das zählt mehr als ein Sieg in einer Schlacht, mehr als alle Schwerter und Kanonen all dieser glänzenden Kavallerien Europas. Es ist eine Inspiration für die Visionen aller Menschen überall; ein Lufthauch von Freiheit, der sich nicht mehr verleugnen lässt. Wir haben unsere Leben nicht umsonst in den Dienst dieser Hoffnung gestellt.“