Ich werde immer mal wieder gefragt, was ich da für ein Papier benutze, vor allem hinsichtlich der zahlreichen kleineren oder mittelgroßen Formate, auf denen auch skriptorale Elemente zu erkennen sind, wenn auch diese kaum lesbar zu sein scheinen. Dies sind Seiten aus unzähligen alten Akten die ein einstiger Bekannter für mich, Anfang der 1990er Jahre, rein prophylaktisch erstand, da er wusste, dass ich schon immer auf der Suche nach Papieren war, welches für sich selbst betrachtet, eine eigene Geschichte zu erzählen wissen. Ich habe ihm damals für die mich erworbenen zwei Kisten gerne die von ihm verlangten 100 Mark abgenommen, wohlwissend, dass er selbst natürlich noch an diesem „Deal“ mitverdient haben wird. Ich möchte mir nicht vorstellen wollen, was man heute für solch einen Schatz an historischen Akten und Papieren bezahlen müsste …
Der Großteil der handschriftlichen Eintragungen auf diesen Aktenseiten stammt aus der Mitte des 19ten Jhdt. Die älteste handschriftliche Grundbucheintragung allerdings, die ich je selbst einwandfrei nachlesen konnte, war von 1756, während die jüngsten zumeist mit der Ära des beginnenden dritten Reiches ihr Ende finden.
Wie alt all diese Akten, also die inneren Papiere, bzw. das Papier selbst ist, kann ich somit natürlich nicht beurteilen. Ich schätze aber, auf Grund der Eintragungen, 150 bis 200 Jahre alt und möglicherweise zum Teil noch älter. Aber dies ist natürlich nur eine Vermutung. Und es fällt halt auf, dass alle Akten immer wieder auch um weitere Papiere mit neueren Eintragungen ergänzt wurden und recht schlicht mit dem Rücken des Aktendeckels vernäht wurden. Hier waren eben keine Buchbinder am Werke. Dies war vermutlich einst so üblich.
So gut wie alle Akten stammen aus dem ehemaligen königlichen Kreisgericht zu Tennstaedt, weisen somit auch alle fast die gleichen Titelseiten und Umschläge auf, die immer aus recht festem Karton bestehen und auf denen ich, zumeist auf deren Rückseiten, auch schon so zahlreiches verewigt habe. Die Qualität der Innenseiten ist halt recht unterschiedlich, da eben über die Jahrzehnte auch immer wieder „hinzugenäht“ wurde. Da finden sich zum einen sehr saugkräftige Papiere, dann zum anderen auch sehr glatte wieder, auf dem die Feder geradezu tanzt.
Auch wenn an einigen Akten und Papieren schon der Zahn der Zeit recht sichtbar genagt hat, Spuren der Verrottung deutlich sichtbar sind, so ist es doch recht erstaunlich, wie gut sich diese Papiere (zumeist immer mit handschriftlichen Eintragungen versehen), zum Teil bis zu 200 Jahre alt (oder älter), von mir anstandslos bearbeiten lassen. Hier löst sich kein Papier, selbst nach dem 5ten oder 6ten aquarellier Vorgang, dem nachhaltigen Quälen mit dem Farbstift, dem nochmaligen überzeichnen mit der Feder, an keiner Stelle in Nichts auf.
Mögliche Problemstellen dieser somit recht alten Papiere, welche zumeist die Außenkanten oder den Falz betreffen, verstärke ich manchmal, wenn nötig (nicht generell) – rückseitig, aber auch zum Teil auf der zu bezeichnenden Frontseite, durch Museumsklebeband. Dies auch, wenn ich mehrere jener Seiten, in einer Art Collage, miteinander kombiniere, um ein größeres Format zu verwirklichen. Manchmal kann man das sogar in der Zeichnung sehen, denn dann ist es auch Teil der Umsetzung.
Ich bin mir somit ganz sicher, all diese Papiere mit meinen Zeichnungen versehen, werden mich überleben – und Sie auch!
Hier z.B., auf diesem Weg des jungen Werther, ist ein handschriftlicher Eintrag vom 24ten Januar 1829 auf dem ursprünglichen Papier noch recht gut zu erkennen. Der Eintrag darüber – 18ter Dezember 1828. Wer weiß schon, was da passiert ist? Auch wenn es zeitlich passen würde, er stammt ganz sicher nicht von Goethe selber … aber immerhin!
Hier ein weiteres recht kleines Blatt Papier, welches in den damaligen Akten oftmals als Zusatz an bestehende Seiten und Eintragungen als Zusatzvermerk ganz einfach angeklebt wurde. Links kann man noch die Klebekante erkennen. In der Bildmitte erkennbar – 1839. Vermutlich gilt dieser Umstand des Zusatzes auch für das obige Werther Papier, obwohl es von deutlich anderer Struktur war.
Und weil es so schön ist, hier noch zwei weitere Akten Zusatzpapiere mit gut zu erkennenden handschriftlichen Vermerken von 1841 und 1861.
Hier eine komplette Aktenseite aus der „Neuzeit“ mit Prägestempel. Reißkante links. Hier wurde schon mit einer Schreibmaschine getippt: 14.02.1930.
Oftmals kann ich natürlich auch auf die skriptoralen Vorgaben – Motiv bezogen – keine Rücksicht nehmen, somit am Ende die fertige Zeichnung das ursprüngliche überdeckt. Wie hier z.B. in der großen Collage von 2011: