Neben dem Philosophen Max Horkheimer, mit dem er ein lebenslang befreundet war, zählt Theodor W. Adorno zu den Hauptvertretern der sogenannten Frankfurter Schule. Diese folgten der Kritischen Theorie und Denkrichtung Hegels, Marx und Freud, einer ideologiekritischen Analyse der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, das heißt der Aufdeckung von Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen. Auf Grund seiner zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Auftritten in den 1960er Jahren erlangte Adorno auch recht schnell allgemeine Popularität und wurde zum geistigen Urvater der 68er Studentenbewegung erklärt. Auch wenn er die Kritik der Studenten teilte, so distanzierte er sich von Ihnen dennoch auf Grund ihrer zunehmend offenen Gewaltbereitschaft, die er mehr als verabscheute.
Eher eine Randnotiz – aber eine, durch die ich selber vor Jahren erstmals auf Adorno stieß – und dies im Zusammenhang mit Thomas Mann. Denn Adorno war nicht nur Philosoph und Soziologe, sondern auch auf Grund einer intensiven Musikausbildung in der Jugend, auch Musiktheoretiker … und Kritiker. Als Thomas Mann seinen letzten großen Roman Doktor Faustus verfasste, dessen Hauptmotiv das Leben des Komponisten Adrian Leverkühn ist, der hier als fiktiver Erfinder der sogenannten Zwöftontechnik verewigt wird, holte er sich in dieser Frage fachlichen Rat bei Arnold Schönberg (dem langjährigen Freund und wirklichen Erfinder der Zwölftonmusik), aber eben auch ausgiebig beim Musiktheoretiker Adorno. Alle drei befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Exil in den USA – Mann und Schönberg sogar in unmittelbarer Nachbarschaft. Und vermutlich gibt es endlose Randnotizen, die mir nicht bekannt sind, warum der Komponist den Theoretiker Adorno nun überhaupt nicht mochte, denn als dieser erfuhr, dass auch Adorno als Berater zum Doktor Faustus hinzugezogen wurde, kündigte Schönberg seine langjährige Freundschaft zu Thomas Mann für immer auf. Es blieb somit „nur“ Adorno …
Thomas Mann wollte seinem getreuen Gehilfen Adorno beim Doktor Faustus für dessen fachlichen Rat im Impressum namentlich danken. Doch die älteste Tochter Erika, welche zu diesem Zeitpunkt schon fast zum Verwalter des kommenden Mann´schen Erbguts bestimmt war, verhinderte dies erfolgreich. Sie sah in der Erwähnung von Adornos Mithilfe am Buch eine unnötige Schmälerung der literarischen Leistung ihres Zauberers, immerhin die eines Literaturnobelpreisträgers. Ich kann nicht beurteilen wie weitreichend diese Mithilfe war, aber so oder so bleibt auch in dieser Randnotiz am Ende nur zu resümieren: Eitelkeit der Eitelkeiten! Alles ist Eitel.
Dvz. 1233
Format: 180 x 170 mm
09.10.2019